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STANDHAFT – Johannisfestgottesdienst unter der Linde zum Jubiläum 500 Jahre Gewölbe Marktkirche

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… und der Dietemann war auch dabei: Gottesdienst zum Johannisfest und zum Kirchenjubiläum

Im zweiten Corona-Jahr gab es zum Johannisfest weder das feucht-fröhliche Stadtfest am Freitagabend noch den traditionellen Maienzug am Samstag. Auch der bunte Festzug am Sonntag musste ausfallen. Wie gut, dass wenigstens der Gottesdienst „unter der Linde“ an der Marktkirche wie gewohnt stattfinden konnte! Die Stadtkirchengemeinde verband den Gottesdienst mit der Erinnerung an die Fertigstellung der Marktkirche vor genau 500 Jahren und der Erinnerung an Luthers Auftritt vor dem Reichstag in Worms, ebenfalls vor 500 Jahren. „Standhaft – 500 Jahre Gewölbe 1521-2021“ war auf einem Banner am Südportal der Kirche zu lesen.

Applaus brandete auf, als Pfarrerin Sieglinde Repp-Jost zusammen mit dem Dietemann und den Biedermeiermädchen den Platz unter der Linde betrat. „Kirchen sind Orte, die uns mit Gott verbinden“, sagte sie zur Eröffnung. Kirchenvorsteher Harald Nolte erzählte, dass genau vor 500 Jahren das spätgotische Netz-Gewölbe der Marktkirche mit dem letzten Schlussstein geschlossen worden war. Damit galt die Kirche, auch wenn der Dachstuhl und der Turm noch nicht errichtet waren, als fertiggestellt. Und dann fühlten sich die Gottesdienstbesucher tatsächlich in das Jahr 1521 hineinversetzt, als sie ein Gespräch zwischen vier zeittypisch gekleideten Eschweger Bürgern beobachteten, die plötzlich aus dem Südportal der Marktkirche hervortraten. Ein prächtig gewandeter reicher Ratsherr brüstete sich stolz mit der Fertigstellung der Kirche. Ihm widersprach  eine einfache Bürgersfrau und mahnte: „Man kann Gott doch nicht in Mauern einsperren! Euch ging es beim Bau dieser Kirche wohl eher um Eure eigene Macht als um Gott!“  Die starke, nachdenklich stimmende Szene wurde von einem Ensemble des Jungen Theaters gespielt.

Pfarrerin Repp-Jost erinnerte an den standhaften Auftritt Martin Luthers vor dem Reichstag in Worms. Dort hatte Luther sich geweigert, seine Schriften zu widerrufen. „Im Zweifelsfall kommt es darauf an, Gott mehr zu gehorchen als den Menschen“, sagte Repp-Jost.  Auftrag der Kirche sei es,  „bei Jesus Christus“ zu stehen, der auf Macht verzichtet habe. Das mache gelassen und frei. Denn, so schon Martin Luther: “Die Kirche soll nicht Herrin sein, sondern Dienerin.“  In den Gottesdiensten gehe es darum, die Liebe Gottes zu den Menschen erfahrbar zu machen.

Das Lied, das von einem kleinen Ensemble der Jugendkantorei gesungen wurde, griff diesen Gedanken auf: „Ich steh dazu, das glaube ich. Ich steh dazu, weil Christus mich im Leben und im Tod erhält. Das ist mein Trost in dieser Welt.“

In einem Grußwort blickte Bürgermeister Alexander Heppe zurück auf die Monate der coronabedingten Einschränkungen. Dabei habe ihn besonders die gegenseitige Rücksicht und die gelebte Solidarität in der Stadtgesellschaft beeindruckt. „Das ist wie bei dem Gewölbe der Marktkirche“, meinte er, „ein einzelner Stein kann nichts, aber alle zusammen halten einander und stützen sich gegenseitig.“

Der stellvertretende Dekan des Kirchenkreises Werra-Meißner, Ralph Beyer, erinnerte daran, dass Kirche mehr sei als ein musealer Ort oder ein schönes Gebäude. „Sie ist ein Identifikationsort“, sagte er, „ein Ort der Sinnsuche und des Heils und ein Abbild der Freundlichkeit Gottes.“  

Zum Abschluss des gut besuchten Gottesdienstes spielte der Posaunenchor das Dietemannslied und alle sangen mit.

Ulrike Arnold

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